Arnela J., Julia K., Dana M.
Ziel des Projektes ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie überschüssige Lebensmittel vor der Tonne gerettet werden können und gleichzeitig auf das große Problem der Lebensmittelverschwendung aufmerksam zu machen.
Überfluss und Verlust
Das Dilemma unserer Esskultur
Ironischerweise werden in den gleichen Ländern, in denen Supermärkte überquellen, tonnenweise Lebensmittel weggeworfen. Dieses Paradoxon – die gleichzeitige Existenz von Überfluss und Mangel, von Verschwendung und Bedürftigkeit – stellt ein tief verwurzeltes Dilemma in unserer modernen Esskultur dar. Das Problem der Verschwendung von Lebensmitteln gehört zu den größten ökologischen Gefahren für unseren Planeten.
Doch wie sind wir an diesen Punkt gekommen? Wie ist es möglich, dass wir in einer Zeit leben, in der wir technologisch in der Lage sind, Lebensmittel in großem Umfang herzustellen und zu verteilen, und dennoch mit solch gravierenden Diskrepanzen konfrontiert werden? Und noch wichtiger: Was sagt dieses Dilemma über unsere Werte, Prioritäten und das System aus, in dem wir leben und arbeiten? Trotz der scheinbar überwältigenden Natur dieses Problems gibt es zahlreiche Ansätze und Lösungen, die das Potenzial haben, diese Misere anzugehen.
Konsumgesellschaft
In der modernen Welt hat sich die Konsumgesellschaft als ein zentrales Merkmal entwickelt, das durch eine erhöhte Produktion, Vermarktung und den Verbrauch von Gütern gekennzeichnet ist. Dieses Phänomen manifestiert sich besonders im Lebensmittelsektor, wo Massenkonsum sowohl Chancen als auch Herausforderungen darstellt.
Die Entwicklung zur Konsumgesellschaft im 20. und 21. Jahrhundert hat tiefgreifende Veränderungen in der Art und Weise hervorgerufen, wie Lebensmittel produziert, vermarktet und konsumiert werden. Einerseits hat die Industrialisierung der Landwirtschaft zu einer Massenproduktion von Lebensmitteln geführt, die es ermöglicht hat, große Bevölkerungsgruppen kostengünstig zu ernähren. Gleichzeitig haben technologische Fortschritte in der Konservierung und im Transport von Lebensmitteln zu einem globalen Lebensmittelmarkt geführt, in dem Produkte aus der ganzen Welt verfügbar sind.
Jedoch hat diese Entwicklung auch zu Problemen geführt. Der Fokus auf Massenproduktion hat oft die Qualität und Nachhaltigkeit von Lebensmitteln beeinträchtigt. Monokulturen, Überfischung und der übermäßige Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln haben sowohl ökologische als auch gesundheitliche Bedenken aufgeworfen. Hinzu kommt, dass der moderne Lebensmittelmarkt von wenigen großen Unternehmen dominiert wird, die in der Lage sind, Konsumtrends zu setzen und die Preise zu beeinflussen.
Ein weiteres Charakteristikum der Konsumgesellschaft ist die zentrale Rolle der Werbung. Durch gezielte Marketingstrategien werden Verbraucher ständig dazu ermutigt, neue Produkte auszuprobieren und mehr zu konsumieren. Dies hat zu einem Überfluss und einer Verschwendung von Lebensmitteln geführt, wobei in vielen Industrieländern ein signifikanter Anteil der produzierten Lebensmittel ungenutzt bleibt.
Die Konsumgesellschaft und der Massenkonsum von Lebensmitteln hat sowohl positive Aspekte, wie die Erhöhung der Verfügbarkeit und Vielfalt von Nahrungsmitteln, als auch negative Auswirkungen, wie Umweltbelastung und Gesundheitsrisiken, mit sich bringen. Es ist daher von zentraler Bedeutung, diese Dynamik kritisch zu betrachten und einen genaueren Blick auf die Ursachen und Auswirkungen von Verschwendung zu werfen.
Lebensmittelabfälle in Deutschland
Im Juni 2022 hat das Statistische Bundesamt einen Bericht über die Lebensmittelabfälle in Deutschland für das Jahr 2020 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass im Jahr 2020 knapp 11 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen wurden. Dabei handelt es sich um Lebensmittel entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Zu den Lebensmittelabfällen zählen neben Speiseresten und nicht verkauften Lebensmitteln auch nicht essbare Bestandteile von Produkten wie Kaffeesatz oder Schale von Obst oder Nüssen.
Im Vergleich zur Gesamtmenge ist dies jedoch ein geringer Anteil von nur 2 % bzw. 0,2 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle. In der Lebensmittelverarbeitung fallen mit 1,6 Tonnen 15% der Lebensmittelabfälle an. Der Lebensmittelhandel produziert rund 7% und damit 0,8 Tonnen an Lebensmitteln, die weggeworfen werden. Einen weiteren Anteil nimmt die sogenannte Außer-Haus Verpflegung mit 1,9 Tonnen ein. Den größten Anteil produzieren jedoch die privaten Haushalte und tragen mit 6,5 Tonnen an Lebensmittelabfällen fast 60% zur Gesamtmenge bei. Daraus lässt sich ableiten, dass jede*r Verbraucher*in im Schnitt etwa 78 Kilogramm Lebensmittel pro Jahr wegwirft.
Lebensmittel- verschwendung
Deutschland, wie viele Industrieländer, steht vor dem ernsthaften Problem der Lebensmittelverschwendung. Das Statistische Bundesamt berichtet im Jahr 2022 dass jeder Verbraucher ca. 78 Kg Lebensmittel im Jahr wegwirft. Die Gründe für das Wegwerfen von Lebensmitteln sind vielfältig. Oftmals liegt es an den hohen ästhetischen Anforderungen von Verbrauchern und Einzelhändlern, wodurch Produkte, die nicht dem idealen Bild entsprechen, aussortiert werden. Darüber hinaus sind die Mindesthaltbarkeitsdaten häufig ein Auslöser, obwohl viele Lebensmittel auch nach Ablauf dieses Datums noch genießbar sind. Ebenso tragen ineffiziente Lagerungs- und Transportprozesse, sowie Überproduktion zur Verschwendung bei.Die sozialen Folgen dieser Verschwendung sind beträchtlich.
In einer Welt, in der viele Menschen hungern oder nicht genügend Nahrungsmittel haben, stellt das Wegwerfen von essbaren Lebensmitteln eine ethische Herausforderung dar. Es zeigt eine Diskrepanz zwischen Überfluss in einigen Teilen der Welt und Mangel in anderen.
Wirtschaftlich gesehen hat die Lebensmittelverschwendung auch erhebliche Auswirkungen:
Für Verbraucher*innen führt die Lebensmittelverschwendung zu direkten finanziellen Verlusten. Geld, das für Lebensmittel ausgegeben wird, die letztendlich nicht konsumiert werden, ist verschwendet. Hinzu kommt, dass eine ineffiziente Nutzung von Lebensmitteln oft zu steigenden Preisen führen kann, da Händler*innen versuchen, die Kosten der Verschwendung auf die Konsument*innen zu überwälzen.
Produzent*innen hingegen sind mit den finanziellen Lasten der Überproduktion konfrontiert. Wenn sie mehr produzieren, als letztlich verkauft oder konsumiert wird, entstehen nicht nur direkte Kosten für Rohstoffe, Arbeit und Energie, sondern es können auch indirekte Kosten entstehen, wie Lagerung und Entsorgung überschüssiger Produkte.
Für den Einzelhandel bedeuten nicht verkaufte oder verdorbene Lebensmittel direkte finanzielle Verluste, einschließlich des Verlusts des Warenwertes und der Kosten für die Entsorgung. Zudem erfordern übermäßige Bestände mehr Lagerplatz und können zu erhöhten Lager- und Transportkosten führen.
Die Regierung sieht sich wiederum mit den wirtschaftlichen Belastungen der Infrastruktur
für die Abfallentsorgung konfrontiert. Lebensmittel, die auf Mülldeponien landen,
verursachen nicht nur erhebliche Entsorgungskosten, sondern auch Umweltkosten. Darüber hinaus können ineffiziente Lebensmittelproduktions- und -vertriebspraktiken dazu führen, dass die Regierung Subventionen und Unterstützungsmaßnahmen bereitstellen muss.
Ethik und Moral
Vor allem in Industrienationen mit hohem Lebensstandard und fortgeschrittenen Lebensmittelversorgungssystemen wirft der Umgang mit Nahrungsmitteln ernste moralische und ethische Fragen auf. Das Wegwerfen essbarer Lebensmittel in einem Kontext, in dem global fast eine Milliarde Menschen unterernährt sind, stellt eine bedeutende Herausforderung für das Konzept der sozialen Gerechtigkeit dar. Jeder weggeworfene Apfel oder jedes unverkaufte Brot kontrastiert scharf mit den Bildern von hungernden Menschen in anderen Teilen der Welt. Diese Diskrepanz zwischen regionalem Überfluss und globalem Mangel erfordert eine kritische Überprüfung der vorherrschenden Werte und Prioritäten.
Darüber hinaus hat der Umweltschutz in solchen Industrienationen einen zentralen Stellenwert in der ethischen Diskussion um Lebensmittelverschwendung. Die Produktion von Lebensmitteln ist ressourcenintensiv, wobei Wasser verbraucht, Land beansprucht und Treibhausgase emittiert werden. Wenn diese Lebensmittel dann verschwendet werden, werden im Grunde auch die in ihre Produktion investierten Ressourcen verschwendet. Dies wirft ernsthafte Fragen bezüglich der Verantwortung gegenüber dem Planeten und künftigen Generationen in Zeiten von Klimawandel und schwindenden natürlichen Ressourcen auf.
Diese beiden Dimensionen – soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz – münden in einer übergreifenden ethischen Frage zum Umgang mit Nahrung. Ist es in einer Welt des Überflusses und des Mangels vertretbar, so sorglos mit einer derart grundlegenden Ressource umzugehen?
Aufklärung
Ein Schlüssel zum Verständnis der Komplexität der Lebensmittelverschwendung ist die Bildung. Durch Informationskampagnen, Bildungsprogramme in Schulen und den Medien kann ein umfassendes Verständnis der Auswirkungen von Lebensmittelverschwendung auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft vermittelt werden. Die Klarstellung von Missverständnissen, etwa bezüglich des Unterschieds zwischen Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum, kann bereits zu bedeutenden Reduzierungen der Lebensmittelverschwendung beitragen.
Parallel zur Bildung spielt die Transparenz in der Lebensmittelproduktion und -verteilung eine entscheidende Rolle. Wenn Verbraucher über den gesamten Produktionsprozess, von der Ernte bis zum Teller, informiert sind, können sie fundierte Entscheidungen treffen.
Auch die Einbindung von Unternehmen ist entscheidend. Durch Anreizsysteme, die Unternehmen dazu ermutigen, nachhaltigere Praktiken anzunehmen, oder durch Partnerschaften mit gemeinnützigen Organisationen (bspw. Tafel, foodsharing), die überschüssige Lebensmittel verteilen, können erhebliche Fortschritte erzielt werden.
Der Supermarkt
Mit steigender Nachfrage nach Vielfalt, Verfügbarkeit und Ästhetik der Produkte steigt auch das Volumen der Lebensmittelabfälle. Der Konsumdruck fördert den Kauf von mehr Lebensmitteln, als tatsächlich benötigt werden, was wiederum zur Verschwendung beiträgt.
Supermärkte sind oft eine Schlüsselstelle in der Lebensmittelversorgungskette und haben daher auch ein enormes Potenzial, die Abfallproduktion zu reduzieren. Diese Reduktion ist nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch ethisch geboten und ökologisch nachhaltig.
Interview Kaufland
Maßnahmen
Preisgestaltung
Bei Produkten, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen, werden Preissenkungen vorgenommen, um einen schnellen Abverkauf zu fördern.
Präsentation
• Rotation des Lagerbestands: Supermärkte sollten das Prinzip „First In, First Out“ anwenden, um sicherzustellen, dass ältere Produkte zuerst verkauft werden. Dies minimiert das Risiko, dass Produkte ablaufen, bevor sie verkauft werden.
• Sichtbare Platzierung: Lebensmittel, die bald ablaufen, sollten an gut sichtbaren Stellen platziert werden, damit Kunden sie leichter finden und kaufen können. Dies kann mit speziellen Regalen oder Regalanhängern erreicht werden.
• Hervorhebung von frischem Obst und Gemüse: Indem frische Produkte attraktiv präsentiert werden, können Kunden dazu ermutigt werden, gesündere Lebensmittel zu kaufen, anstatt stark verarbeitete Lebensmittel, die länger haltbar sind.
Lagerung
Durch Investitionen in fortschrittliche Kühl- und Lagerungstechniken können Lebensmittel länger frisch gehalten werden. Technologie spielt dabei eine Schlüsselrolle. Moderne Technologien ermöglichen eine ständige Überwachung der Temperaturen während des Transports und der Lagerung. Temperaturlogger und Sensoren überwachen die Temperatur in Echtzeit, und jegliche Abweichungen werden dokumentiert.
Bestandsmanagement
Durch die Analyse von Verkaufsdaten können Supermärkte besser prognostizieren, welche Mengen von bestimmten Produkten benötigt werden, um Überbestände und folglich Abfälle zu vermeiden.
Überwachung der Versorgungskette
Die Überwachung der Versorgungskette und die Überprüfung der Lieferantenpraktiken sind integraler Bestandteil zur Sicherstellung von Qualität und Haltbarkeit der Lebensmittel. Eine sorgfältige Auswahl der Lieferanten basierend auf ihrer Fähigkeit, qualitativ hochwertige und sichere Produkte zu liefern, steht dabei im Vordergrund.
Spenden und Wohltätigkeit
Nicht verkaufte, aber noch essbare Lebensmittel können an gemeinnützige Organisationen gespendet werden. Ehrenamtliche „Foodsaver*innen“ von Foodsharing holen diese Lebensmittel ab und verteilen sie entweder an Bedürftige oder in sogenannten „Fair-Teiler“-Stationen, wo sie von Bürger*innen abgeholt werden können. Die lokale Tafel verteilt die Spenden nach der Abholung in ihren eigenen Räumlichkeiten an eine spezielle Gruppe von Menschen, die ihre Bedürftigkeit nachweisen können.
Aufklärung
Kunden können durch Informationskampagnen über das Problem der Verschwendung und Tipps zur Vermeidung aufgeklärt werden. Auch die fachgerechte Schulung des Personals zum Thema Lebensmittelabfall kann viel ausmachen. Spezielle Bildungsprogramme leisten wertvolle Arbeit bei der Sensibilisierung.
Containern: Ein Wertekonflikt
Lebensmittel, die von Supermärkten aussortiert werden, dürfen nicht einfach aus den Containern der Geschäfte gesammelt und mitgenommen werden. Das sogenannte „Containern“ von Lebensmitteln ist in Deutschland verboten. Das Mitnehmen von weggeworfenen Lebensmitteln aus Abfallcontainern gilt als Diebstahl und kann strafrechtlich verfolgt werden.
Aktuelle Debatte
Derzeit wird ein Gesetz diskutiert, das das Containern entkriminalisieren soll. Der Lebensmittelhandel ist jedoch gegen eine Legalisierung des Containerns, da Lebensmittel aus Abfallcontainern beim Verzehr gesundheitsschädlich sein können und der Einzelhandel für mögliche Risiken haftet.
Warum lehnen Supermärkte die Änderung der Strafverfahren ab?
Wenn Händler Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum verkaufen, geht die Gewährleistung für ein einwandfreies Produkt und damit auch die Haftung vom Hersteller auf den Händler über. Dies gilt auch für kostenlos abgegebene Lebensmittel. Die Händler wollen damit Haftungsrisiken wegen Lebensmittelinfektionen durch „Containern“ vermeiden, die insbesondere bei schnell verderblichen Lebensmitteln bestehen können.
Grundsätzlich sind Lebensmittel auch nach Ablauf des MHD noch verzehr- und verkehrsfähig, jedoch wäre eine vorherige Qualitätskontrolle durch den Handel erforderlich, um sich rechtlich abzusichern. Aufgrund der damit verbundenen zusätzlichen Kosten scheut der Handel jedoch diese zusätzlichen Kontrollen, so dass die Lebensmittel letztendlich entsorgt werden.
Foodsharing ist eine Umweltinitiative, die sich gegen Lebensmittelverschwendung einsetzt und überproduzierte oder nicht verkaufte Lebensmittel vor der Mülltonne rettet. Die geretteten Lebensmittel werden an Organisationen und Bedürftige verteilt oder anderen Interessierten zur Verfügung stellt. Die Umwelt- und Bildungsinitiative setzt sich gegen den unachtsamen Umgang mit Lebensmitteln als wichtige Ressourcen und für ein nachhaltiges Ernährungssystem ein. Foodsharing verfolgt die Intention, Ressourcen zu schonen, indem noch genießbare Lebensmittel verwendet, statt verschwendet werden.
Die Ziele von foodsharing sind die Wertschätzung für Lebensmittel zu steigern, die Menschen für das Thema Lebensmittelverschwendung zu sensibilisieren und sich als Organisation aktiv gegen die Ressourcenverschwendung von Lebensmitteln einzusetzen.
Foodsharing rettet Lebensmittel von Privathaushalten, Supermärkten oder auch Restaurants und stellt sie der Allgemeinheit zum Beispiel über sogenannte Fairteiler zur Verfügung. Getragen wird die Arbeit von ehrenamtlichen Helfer*innen, die die Lebensmittel einsammeln und weiter verteilen.
Die Organisation foodsharing e.V. gibt es seit dem Jahr 2012. Auslöser für die Gründung war der zuvor erschienene Film „Taste the Waste“, welcher die Problematik der massenhaften Lebensmittelverschwendung in der Bevölkerung erstmals intensiv thematisierte. Lebensmittelverschwendung war zu diesem Zeitpunkt noch kein besonders relevantes Thema in gesellschaftlichen Diskussionen und die Wahrnehmung, wie viele Lebensmittel in Deutschland im Müll landen, noch nicht besonders ausgeprägt. Statistische Erhebungen oder wissenschaftliche Studien zum Thema Lebensmittelverschwendung gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. Dies sollte sich mit der Gründung der foodsharing-Initiative ändern.
Seit der Gründung wird über die Plattform foodsharing.de die Lebensmittelrettung mit kooperierenden Unternehmen und Privatpersonen organisiert. Auch das Bundeswirtschaftsministerium beauftragte eine Studie zum Thema Lebensmittelverschwendung und startete die an Endverbraucher*innen gerichtete Kampagne „Zu gut für die Tonne“. Ziel war es, die Lebensmittelverschwendung in Deutschland bis 2023 zu halbieren. Dieses Ziel wurde später aufgrund mangelnder Erfolge auf das Jahr 2030 verschoben.
📍Standorte Bochum
Sharing und Saving
Bei Foodsharing werden Lebensmittel sowohl von Privatpersonen untereinander weitergegeben als auch von gewerblichen Einrichtungen, wie von Restaurants oder Bäckereien, abgeholt und weiterverteilt. Im privaten Bereich wird dabei zum Beispiel mit sogenannten Essenkörben gearbeitet. Dabei wird aus überschüssigen Lebensmitteln, die nicht mehr verbraucht werden können, ein Essenskorb zusammengestellt, der auf der Plattform angeboten wird und von Interessierten abgeholt werden kann. Bei dieser Art der Lebensmittelweitergabe wird von Foodsharing gesprochen.
Werden die Lebensmittel hingegen von Betrieben abgeholt und weitergegeben, spricht man von Foodsaving. Dabei müssen die Foodsaver*innen zunächst eingearbeitet und mit den wichtigen Hygienevorschriften vertraut gemacht werden. Da Supermärkte oft in großen Handelsketten mit vielen Filialen organisiert sind, gelten in den meisten Fällen einheitliche Richtlinien, sodass die Organisation foodsharing direkt an die Managementebene herantritt, um die Kooperationen zu vereinbaren. So können auch überregionale Kooperationen entstehen.
Darüber hinaus arbeitet foodsharing mit vielen lokalen Betrieben zusammen, wie z.B. einzelnen Supermärkten, lokalen Bäckereien oder Restaurants. Für jeden Betrieb werden Teams von Lebensmittelretter*innen gebildet, welche die Abholung der Lebensmittel in regelmäßigen Abständen und zu vereinbarten Zeiten organisieren und durchführen. Bei ihrer Arbeit lassen die Lebensmittelretter*innen gemeinnützigen Organisationen wie der Tafel den Vortritt. Sie sind somit die letzte Station für Lebensmittel, bevor diese im Müll landen.
Nach dem Sammeln der Lebensmittel dürfen die Lebensmittelretter*innen so viel selbst behalten, wie sie möchten und wie sie verbrauchen können. Die restlichen Lebensmittel werden von den Foodsaver*innen zu einem sogenannten Fairteiler gebracht, wo sich im Anschluss jede*r, der/die möchte, Lebensmittel abholen kann. Natürlich können die geretteten Lebensmittel auch an Freunde, Familie oder Nachbar*innen verteilt werden.
Was ist ein Fairteiler?
Ein sogenannter „Fairteiler“ ist eine Abgabestelle, zu der Menschen Lebensmittel bringen und kostenlos mitnehmen können. Das kann zum Beispiel ein Kühlschrank, ein Regal oder im besten Fall auch beides sein.
Nachdem die Foodsaver*innen Lebensmittel gerettet haben, die noch weitergegeben werden können, können sie diese zu einem Fairteiler bringen. Aber nicht nur Personen, die bei foodsharing aktiv sind, können die Fairteiler mit Lebensmitteln füllen. Zu einem Fairteiler kann jede*r Lebensmittel bringen, die zu Hause übriggeblieben sind oder nicht mehr verzerrt werden können, sofern sie noch zum Weitergeben geeignet sind. Gleichzeitig kann jede*r Lebensmittel entnehmen.
Erfolge
Das öffentliche Bewusstsein für das Problem der Lebensmittelverschwendung ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Viele Unternehmen, Gastronomiebetriebe und Supermärkte haben sich unter anderem dazu verpflichtet, weniger überschüssige Lebensmittel einfach zu entsorgen. Dazu wurden Lieferketten effizienter gestaltet und Rabatte auf Produkte kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum eingeführt. Dennoch wird nach wie vor ein Drittel der produzierten Lebensmittel vernichtet. Nicht nur in Deutschland, sondern EU-weit. Das Ziel der Halbierung der weggeworfenen Lebensmittel ist also noch in weiter Ferne.
Vision und Mission
„Eine Welt, in der lokale sowie globale Ernährungssystem alle Menschen auf der Welt satt und zufrieden macht.“ (https://foodsharing.de/ueber-uns)
Oberstes Ziel von foodsharing ist es, die Verschwendung von Lebensmittel bis zum Jahr 2030 zu halbieren und langfristig ganz zu beenden. Dafür will foodsharing auf die Probleme der globalisierten Weltwirtschaft und das Leben in einer Überflussgesellschaft aufmerksam machen und zum Umdenken anregen. Neben der Öffentlichkeitsarbeit betreibt foodsharing daher Bildungsarbeit, um die Menschen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln zu sensibilisieren.
Eine nachhaltige Entwicklung und Veränderung der Lebens- und Wirtschaftsweise erfordert nach Ansicht der Organisation einen „aktiven und handlungsbezogenen Bildungs- und Transformationsprozess für globale Gerechtigkeit und in Verantwortung für zukünftige Generationen“. (https://foodsharing.de/ueber-uns)
Foodsharing hat es sich zum Ziel gesetzt, Aufklärung, Umdenken und verantwortliches Handeln auf persönlicher und politischer Ebene nachhaltig anzustoßen.
Viviens Tipps
Quellen
Überfluss und Verlust
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